"Wir müssen noch etwas Geduld beweisen" / Oberligist VfR Mannheim sucht die Erfolgsspur
„Wir müssen noch etwas Geduld beweisen“ / Oberligist VfR Mannheim sucht die Erfolgsspur
Archiv Oberliga (Fußball) | erstellt am Mi 22.08.2012
Der begeisternde Fußball in den Aufstiegsspielen fand auch seine Fortsetzung in der Oberliga-Spielzeit 2011/2012 – am Ende wurde das Kocak-Team Vizemeister und hatte eine bravouröse Saison hingelegt. Mit einem eingespielten Team, das nur punktuell verstärkt wurde – war eine solche Spielzeit möglich.
2012/2013 der große Umbruch beim VfR Mannheim. Insgesamt 13 Spieler verließen den Oberligisten – dem gegenüber konnte der Club zehn Neuzugänge präsentieren – eine sehr große Fluktuation im Kader von Trainer Kenan Kocak. Nach einer überdurchschnittlichen, aber auch nicht guten Vorbereitung – schieden die Mannheimer im Badischen Krombacher Pokal gegen den Ligakonkurrenten FC Astoria Walldorf im Pokal mit 0:4 Toren doch recht sang- und klanglos aus. Dem guten Liga-Auftaktspiel gegen den SSV Reutlingen (2:0 Sieg) folgte eine etwas enttäuschende 2:0 Niederlage beim SV Spielberg.
Foto: Aus 4 mache 2 – Torwarttrainer Bruno Hoffmann und Fitnesstrainer Dirk Stelly fielen dem Sparzwang zum Opfer. Links Klaus Heitz (Co-Trainer) und rechts Kenan Kocak (Cheftrainer)
Der VfR Mannheim 2012/2013 nicht „Fisch, nicht Fleisch“? Der Sportkurier hat sich mit VfR-Chefcoach Kenan Kocak unterhalten.
Sportkurier: Herr Kocak – Sie haben sehr viele Spielerabgänge zu verzeichnen. Dem gegenüber stehen auch etliche namhafte Neuzugänge. Aus dem Pokal sang- und klanglos ausgeschieden und in der Meisterschaft einen Sieg und eine Niederlage. Kann man sich beim VfR Mannheim zukünftig auf Mittelmaß einstellen?
KENAN KOCAK: Nein, das glaube ich auf keinen Fall. Wir haben den größten Umbruch aller Oberligamannschaften zu verzeichnen. So viele Spielerabgänge hat kein anderer Club und wir waren doch dadurch gezwungen – auch neue Spieler zu holen – ohne dabei die Ansprüche des VfR Mannheim radikal nach unten zu schrauben. Ich hätte gerne viele Spieler behalten, aber sie wollten hier nicht mehr beim VfR Mannheim spielen.
Sportkurier. Woran liegt es, dass es noch nicht ganz nach Wunsch läuft?
KENAN KOCAK: Wir haben gute Einzelspieler, keine Frage – aber als Team musst du dich beweisen, nicht mit der individuellen Qualität einzelner Spieler. Das ist eine neue Mannschaft – da müssen Automatismen greifen. So weit sind wir noch nicht und es wird auch noch einige Wochen und Spieltage dauern, bis wir da sind, wo ich das Team sehen möchte.
Sportkurier: Gegen Spielberg sah das trotz 70 % Ballbesitz noch etwas konzeptlos aus.
KENAN KOCAK: Die gesamte Defensivabteilung mit Ricciardi, Böttger, Oppong, Weimer und Schwall hatte in der Zusammensetzung noch nie zusammen gespielt.
Die Jungs haben aus dem Spiel heraus keine Torchance der Spielberger zugelassen, waren jedoch am Anfang beim Führungstreffer durch einen Standard unsortiert. Spielberg kam die Führung entgegen, die haben sich defensiv verhalten und nur lange Bälle gespielt. Da waren wir nicht clever genug – die Überlegenheit auch in Tore umzumünzen.
Foto: Links Giuseppe Burgio. Der Angreifer hinkt auch noch seiner starken Form von letzter Saison hinterher.
Sportkurier: Das Spiel wirkte insbesondere in der 1. Halbzeit behäbig.
KENAN KOCAK: Ja, ich war sehr unzufrieden. Im Spielaufbau hatten wir zu viele Fehlpässe und das Pass- Positionsspiel, als auch die Laufbereitschaft waren überhaupt nicht gut. Da sah man, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Im zweiten Abschnitt war das besser und wir hatten eindeutig mehr vom Spiel – haben uns aber im Abschluss inkonsequent gezeigt.
Sportkurier: Giuseppe Burgio wirkt schwächer als in der Vorsaison. Woran liegt das?
KENAN KOCAK: Burgio ist der beste Angreifer der Liga, aber seine momentane Leistungsfähigkeit ist noch um einiges geringer, als in der letzten Spielzeit. Auch Victor Oppong hat noch nicht den Leistungsstand den wir erwarten – er war fast ein Jahr verletzt. Schwall hatte keine Vorbereitung – kam erst kurz vor Saisonbeginn zu uns und Ricciardi hat zwei Tage vor dem ersten Saisonspiel bei uns unterschrieben. Wir brauchen noch etwas Geduld – dann wird es auch wesentlich besser werden. Einige andere Spieler sind noch nicht da, wo ich sie erwarte. Die Messlatte wird jetzt jedoch für alle Spieler höher angesetzt.
Sportkurier: Im Trainerstab sind Sie auch nicht mehr so gut besetzt.
KENAN KOCAK: Bruno Hoffmann (TW-Trainer) ist zur TSG Weinheim und Dirk Stelly (Fitness-Trainer) musste berufsbedingt kürzer treten. Beide hätten bei uns weitergemacht, wenn man Ihnen ein entsprechendes Angebot gemacht hätte, was aber nicht der Fall war. Der Verein muss Kosten reduzieren – das geht natürlich auch zu Lasten der Qualität im näheren Umfeld des Teams.
Sportkurier: Es fiel auch schon auf, dass zum einen oder anderen Spiel ihres Teams kein Physiotherapeut dabei war. Eigentlich ein Unding für einen ambitionierten Oberligisten, oder sehen Sie das anders?
KENAN KOCAK: Der Verein hat da eine Vereinbarung mit unserem Reha-Partner. Aber anscheinend läuft das nicht richtig rund – es fehlt derzeit die Konstanz. Ein Physiotherapeut hat bei jedem Spiel dabei zu sein. Wir werden da noch entsprechende Gespräche führen müssen.
Sportkurier: Welches Zeitfenster haben Sie sich beim Team in der Entwicklung gestellt?
KENAN KOCAK: Ein kurzes, denn wenn wir dürfen nicht zuviel Boden an die Konkurrenz verlieren. In 4-5 Spieltagen müssen wir so weit sein, dass wir die Vorgaben und Ziele sehr gut umsetzen. Aber so viel Zeit muss man uns schon lassen. Man kann nicht so locker eine neue Mannschaft aus dem Ärmel schütteln und gleich erwarten, es ginge so weiter – wie es 2011/2012 angefangen hatte.
Sportkurier: Was ist möglich beim VfR Mannheim?
KENAN KOCAK: Alles ist möglich. Wir können jeden Gegner dieser Liga schlagen, aber auch gegen jeden verlieren. Wie die Gewichtung hier sein wird, hängt von vielen Faktoren ab. Ich will immer gewinnen und die Mannschaft wird das genau so verinnerlichen. Wir haben den Anspruch unter den ersten fünf Teams mitzuspielen, das ist primär das erste Saisonziel. Die Spielzeit wird zeigen, was letztendlich möglich ist.
Foto: Edmund Nohe
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