Abgerechnet wird am Schluss / Kenan Kocak sieht Titelfrage noch nicht entschieden
Abgerechnet wird am Schluss / Kenan Kocak sieht Titelfrage noch nicht entschieden
Archiv Oberliga (Fußball) | erstellt am Do 10.05.2012
… nur das Wetter ganz mies, auch die Stimmung von Trainer Kenan Kocak und einigen Fans. Die 90 torlosen Minuten gegen einen FSV Hollenbach, der tapfer kämpfte, aber weitem nicht die Qualität der Rasenspieler hatte – drückten auf das Gemüt.
Kenan Kocak nach dem Spiel: „Ich habe keinen großen Unterschied zwischen einem Team gesehen, bei dem es um einen Aufstieg geht und einer Mannschaft, für die es um nichts mehr geht. Mir hat Einsatz,
Leidenschaft und vor allem Spielideen gefehlt“, so ein enttäuschter Trainer.
Auch wenn der VfR Mannheim als Aufsteiger eine sensationelle Hinserie gespielt hat und noch bis Samstag auf dem ersten Platz stand, was ohnehin eine tolle Leistung ist, was bleibt ist der „vergebene Aufschlag“.
Wirklich vergeben? Aus und vorbei der Titelkampf? Zumindest der Präsident des VfR Mannheim, Ralf Auer, gab dies der Presse zu verstehen. Die Saison sei gelaufen. Kein gutes Statement. Wie soll sich eine Mannschaft in den letzten drei Wochen nochmals motivieren, wenn schon der Präsident des Vereins, angesichts noch vier ausstehender Spieltage (SSV Ulm) frühzeitig das Handtuch wirft?
Da stand letzte Saison ein SV Waldhof in der Oberliga drei Spieltage vor Saisonende auf dem zweiten Platz, aber Präsident Steffen Künster sagte: „Wir packen das noch.“ Und so kam es auch, die Nöttinger brachen die letzten Spieltage ein, der SV Waldhof stieg in die Regionalliga auf.
Wir haben uns mit VfR-Coach Kenan Kocak über die aktuelle Lage unterhalten.
Sportkurier: Herr Kocak, die Enttäuschung über den Verlust der Tabellenführung verarbeitet?
Kenan Kocak: Ja, schon. Mich ärgert es nicht, wenn man als Team negative Erlebnisse hinnehmen muss. Aber es kommt immer auf die Art und Weise an, wie dieses negative Erlebnis zustande kam. Und da hat mich meine Mannschaft am Samstag schon enttäuscht. Da war nichts von dem, was wir uns vorgenommen und was ich erwartet hatte. Das wurde jetzt im Training alles sehr deutlich angesprochen und ich verspreche, in den letzten drei Spielen werden wir Spieler auf dem Platz sehen, die 90 Minuten alles für den Erfolg geben werden, die an ihre Grenzen gehen und alles für einen Sieg tun.
Sportkurier: Ihr Präsident hat ja gegenüber der Presse schon die Flinte ins Korn geworfen, was den Aufstieg betrifft. Wie sehen Sie als Trainer das?
Kenan Kocak: Unser Präsident Ralf Auer (Foto links) war sehr enttäuscht nach dem Spiel, wie so viele andere auch. Im ersten „Groll“ kann man schon einmal so eine Aussage treffen, ich hänge das auf keinen Fall hoch und weiß wie er es gemeint hat. Ich persönlich glaube natürlich an unsere Chance noch aufsteigen zu können. Wir waren fast die gesamte Saison über die Gejagten, jetzt drehen wir den Spieß um und werden die Jäger sein.
Sportkurier: Ulm hat zwei Punkte Vorsprung und noch ein Spiel mehr auszutragen.
Kenan Kocak: Wir gewinnen unsere drei Spiele gegen Bonlanden, Walldorf und Illertissen – da bin ich sicher. Ulm spielt die letzten Wochen auch nicht souverän. Am Wochenende gewannen sie gegen die abstiegsgefährdeten Offenburger mit sehr viel Glück 3:2 in den Schlussminuten. Nun müssen sie nach Balingen (Tabellenvierter)und zum SSV Reutlingen, die sehr stark sind auf eigenem Platz. In diesen Spielen müssen die Ulmer erstmal gewinnen. Eine Niederlage und ein Remis der Ulmer, und wir wären wieder Tabellenführer. Also hier ist meiner Meinung nach noch nichts entschieden.
Sportkurier: Wie ist ihr Eindruck im Training. Die Mannschaft noch heiß genug für das Saisonfinish?
Kenan Kocak: Hätten wir so engagiert und mit Herzblut am Wochenende gespielt, wie die Mannschaft diese Woche bisher trainiert hat – dann wären wir gegen Hollenbach als Sieger vom Platz gegangen. Also das ist schon richtig stark wie die Jungs Gas geben und noch an sich glauben. Das ist für die Spieler auch ein Lernprozess, was sie da gerade durchmachen. Das Fußballspiel findet in dem Rechteck statt, und dort in diesem Rechteck liegt die Wahrheit – nicht im Training. Im Spiel muss das umgesetzt werden, was man sich zuvor erarbeitet hat, vornimmt. Dies gilt für die 90 Minuten während eines Spiels.
Sportkurier: Zum Schluss, haben Sie eine Erklärung für die weniger überragende Hinserie,
nachdem ihr Team in der Vorrunde so souverän an die Spitze marschierte?
Kenan Kocak: Man darf nicht vergessen wo wir herkamen, aus der Verbandsliga. Und wir dürfen nicht
vergessen, wer da auch einen großen Anteil am Erfolg der Hinserie hatte. Kaan Erdogdu (Foto rechts/erzielt einen Treffer) hatte 15 Mal getroffen, etliche Tore vorbereitet. Mit ihm und Burgio haben wir jede Abwehrreihe vor Riesenprobleme gestellt. Kaan wurde leider 3 Wochen vor Ende der Hinrunde am Knie operiert und konnte nicht mehr für uns spielen. Einen solchen Spieler kann man nicht ersetzen. Als zweiten Grund führe ich an, dass es Spieler gibt, die plötzlich meinten, sie wären schon für eine Oberliga zu gut. Das ist auch ein Einstellungsproblem einiger Spieler. Der dritte Grund: Die Mannschaften kennen den Aufsteiger VfR Mannheim mittlerweile. Jede Mannschaft sieht in uns den Titelkandidaten und spielt entsprechend ein paar Prozent engagierter, besser, bissiger gegen uns. Das ist jedoch das Los aller Teams, die ganz oben stehen. Es sind in der Summe 5-10% die uns in der Rückserie, im Gegensatz zur Hinserie fehlen. Aber wir können das noch korrigieren. Abgerechnet wird am Schluss.