"Im Fußball nimmt der Erfolgsdruck und Zeitfaktor eine immer größere Rolle ein."

„Im Fußball nimmt der Erfolgsdruck und Zeitfaktor eine immer größere Rolle ein.“

Archiv 1. Bundesliga (Fußball) | erstellt am Do. 06.09.2012

Trotz langer und intensiver neunwöchiger Vorbereitung rangiert der Europa-League-Anwärter auf dem vorletzten Tabellenplatz.

Für Chef-Trainer Markus Babbel, der in diesen Tagen medial einiges einstecken musste, kommt die momentane zweiwöchige Pause gerade recht: „Durch die Länderspielpause bleibt mir mehr Zeit die Jungs wieder aufzubauen. Unsere zwölf Nationalspieler haben zudem die Möglichkeit bei ihren Nationalteams den Kopf frei zu bekommen.“ Für den Sportchef, der am Samstag seinen 40. Geburtstag feiert, steht noch viel Arbeit bevor. Er muss aus einer Truppe guter Einzelfußballer eine gut funktionierende Einheit formen. Dass dies bei der TSG kein leichtes Unterfangen ist, haben auch seine Trainervorgänger schon bitter erfahren müssen.

Foto: Delpierre beim ersten offiziellen Training im Juni 2012 im Dietmar-Hopp Stadionkurier 29351

Für Matthieu Delpierre, Neuzugang aus Stuttgart, ist die aktuelle Situation nichts Neues: „Während meinen acht Jahren beim VfB haben wir durch Trainer- und Spielerwechsel auch Zeit gebraucht, um uns zu finden und einzuspielen. Dies ging auch über mehrere Spieltage hinweg. In Hoffenheim ist dies nicht anders.“ Doch auch er weiß, dass im schnelllebigen Profigeschäft der Faktor Zeit eine große Rolle spielt: „Wir haben erst zwei Spieltage hinter uns und schon steht Markus Babbel in der Kritik.

Der Druck im Profifußball hat wahnsinnig zugenommen. Die Leute haben keine Zeit mehr, wollen nur positive Ergebnisse sehen. Und wenn es nicht so funktioniert, dann werden häufig schnelle, unüberlegte Entscheidungen getroffen. In Frankreich ist es noch extremer, da werden nach drei verlorenen Spielen bereits Trainer entlassen.“ Nach zwei Spieltagen hätte sich Delpierre dennoch nicht vorstellen können, dass sein neuer Verein auf dem vorletzten und sein Ex-Club auf dem letzten Platz rangieren.

Der Franzose blickt nach eigener Aussage optimistisch auf die anstehenden Bundesligapartien im September gegen Freiburg, Hannover, Stuttgart und Augsburg: „Wir Spieler wissen, dass wir schnell auf die Erfolgsspur zurückkehren müssen, um die nötige Ruhe zu bekommen. Durch harte, intensive Arbeit werden wir dies erreichen. Ich bin da sehr zuversichtlich.“1899-hoffenheim

Zu den ehrgeizigen Zielen von Markus Babbel zählte der neu zusammengestellten Mannschaft neues Leben, mehr Begeisterung, Leidenschaft und Gier nach Erfolg einzuflössen. Die bisherige Bilanz und die Art und Weise wie sich die Mannschaft präsentiert weist jedoch noch in die alte Richtung. Die Verunsicherung nach Rückschlägen, die Ratlosigkeit nach Gegentreffer hat sich von der alten in die neue Saison übertragen. Schwächen in der Offensive, vor allem bei der Chancenverwertung, sind unübersehbar. Frei nach dem Motto: Neue Spieler – altes Leid.

Kaltschnäuzige Torjägerqualitäten konnte man Neuzugang Eren Derdiyok bisweilen nicht attestieren. Sowohl in Mönchengladbach als auch gegen Frankfurt hatte der Schweizer Nationalstürmer den Führungstreffer auf dem Fuß und vergab kläglich. Das Hoffenheimer Stürmerproblem scheint noch nicht gelöst zu sein.

Während in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder die Personalpolitik im Vordergrund stand, muss sich die Mannschaft nun endlich beweisen. Qualität ist zweifellos vorhanden, noch funktioniert diese nicht als Einheit. Die Verunsicherung und Ratlosigkeit im Hoffenheimer Spiel lässt sich derzeit schwer ergründen. Das Team verfügt mit Torhüter Tim Wiese, den Verteidiger Marvin Compper und Delpierre sowie mit Tobias Weis und Stürmer Derdiyok über erfahrene Bundesligaprofis, die eigentlich die Richtung vorgeben sollten. Aber auch Sie waren zuletzt nicht dazu im Stande.

Die Frage stellt sich, ob der neue Hoffenheimer Anspruch zu hoch gesteckt ist und der Mannschaft eher belastend als förderlich erscheint. Fakt ist, je länger die Erfolglosigkeit anhält, desto schwerer wird es für das neue Team in die Gänge zu kommen. Die Mannschaft wirkte im ersten Saison-Heimspiel geschockt, konsterniert und ratlos. Bestes Beispiel Kapitän Wiese nach der 0:4 Frankfurt-Pleite: „Es gibt bislang alles nach hinten los. Wir wissen auch nicht, warum dies so ist. Auch ich bin ratlos.“

Wenn die Hoffenheimer Ratlosigkeit nicht bald endet, kann es sehr ungemütlich in der Zuzenhausener Wohlfühloase für die Beteiligten werden. Das Baden-Derby am 3. Spieltag (16. September) in Freiburg kann schon zur richtungsweisenden Partie, vor allem für den Sportchef werden.

Foto 1 BWA – Foto 2: Rhein-Neckar Picture

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