
Terrence Boyd ist im Sturm der Waldhöfer nicht zu ersetzen. Bild: Alfio Marino
Der SV Waldhof und die Abhängigkeit von Terrence Boyd
3. Liga | erstellt am Mi. 30.10.2024
sport-kurier. In der 3. Fußball Liga sind mittlerweile 12 Spieltage absolviert. Aus Sicht des SV Waldhof Mannheim lässt sich diese Zeit in 2 Phasen unterteilen. Eine mit Trainer Bernhard Trares, der längst bessere Zeiten eingeläutet hat und eine Zeit ohne ihn.
Vor Trares hatte Marco Antwerpen, dem nach wie vor großer Respekt gilt, weil er in der Vorsaison für den Nichtabstieg gesorgt hat, das Zepter in der Hand. Seit dem Start in die neue Spielzeit war unter ihm aber der Wurm drin. Unter seine Regie fallen 5 Ligaspiele, in denen nur 2 Punkte geholt wurden und außerdem auch noch das höchst peinliche Viertelfinal-Aus im Badischen Pokal in Gommersdorf.
In dieser Phase war die Kritik riesig. Das gewohntermaßen meinungsstarke Umfeld der Blauschwarzen sprach der doch recht neu formierten Mannschaft schnell die Qualität ab und stellte sich sofort wieder auf Abstiegskampf ein.
Möglich ist das nach wie vor, weil man nie weiß, was die Zukunft bringt, aber unter Trares wurden in 8 Spielen 14 Punkte geholt, was zu einem Sprung aus dem Tabellenkeller geführt hat und man momentan mit 16 Zählern auf dem 10. Platz rangiert.
So schlecht kann der Kader dann also nicht, dennoch gibt es natürlich immer Stellschrauben an denen man drehen kann. Eine betrifft aktuell ohne Zweifel auch die vorderste Reihe. Hier ist man sehr dünn besetzt, was sich am vergangenen Sonntag, als man sich in der Endphase noch ein 2:2 Remis gegen den SV Wehen Wiesbaden erkämpfen konnte, eindrucksvoll gesehen hat.
Der Mann, der das goldene Tor erzielte, war erneut Terrence Boyd. Der hätte eigentlich aber gar nicht spielen dürfen. Boyd fehlte unter der Woche, weil ihn eine Art Grippe schwächte. Also saß er gegen den spielstarken Absteiger anfangs nur auf der Bank. Wie er später sagte, hatte er Trares mitgeteilt, dass es für 15 Minuten reichen könnte. Als der ihn schließlich fragte, ob auch eine halbe Stunde okay wäre, willigte er ein.
Jeder, der selbst Sport treibt, weiß, dass solche Aktionen auch mit einem gewissen gesundheitlichen Risiko verbunden sind. Aber es ging gut und sogar sehr gut, weil es Boyd (eingewechselt in der 61. Spielminute) war, der in der Nachspielzeit noch den Ausgleich besorgte und einmal mehr verdeutlichte, dass es ohne ihn nicht geht.
Allerdings gibt es momentan auch kaum jemanden, der einspringen kann. Felix Lohkemper verletzte sich schon vor ein paar Wochen am Knie und wird noch länger ausfallen. Übrig bleibt Kennedy Okpala. Der 19-Jährige, der in der letzten Saison noch häufiger in der Verbandsliga zum Einsatz gekommen ist, hat eine Wahnsinnsentwicklung hingelegt. Dennoch hat das Match gegen Wiesbaden deutlich demonstriert, dass er sich gegen stabile Abwehrreihen schwer tut. Ihm fehlt die Durchschlagskraft, die ein Boyd hat.
Okpalas Stärke ist seine brutale Geschwindigkeit, die ihm aber wenig bringt, wenn die eigene Mannschaft hinten liegt, weil sich der Gegner in der Regel dann eher aufs Verteidigen beschränkt. Hohe Anspiele, die Boyd geschickt zu nutzen weiß, in dem er die Bälle ablegt oder einfach festmacht, bringen auf Okpala nichts.
Lange Rede, kurzer Sinn: Spätestens in der Winterpause, wenn das Transferfenster wieder öffnet, sollte man sich beim SVW Gedanken darüber machen, ob ein weiterer Stürmer nicht Sinn machen würde. Natürlich wäre das dann wohl einer, der sich mit der Rolle als Nummer 2 hinter einem fitten Boyd anfreunden müsste, denn an dem kommt in der 3. Liga kaum jemand vorbei.

Aktuell wären nur vereinslose Spieler zu haben. So einer wäre beispielsweise Valmir Sulejmani, der während der ersten Amtszeit von Trares beim SVW aufblühte und ein gefürchteter Stürmer war. Nach seinem Wechsel im Sommer 2020 zu Hannover 96 kam er aber bei keiner weiteren Station mehr in Tritt. Würde der Waldhof rufen, würde er wohl nicht nein sagen. Zuletzt saß er auch im Carl-Benz-Stadion auf der Tribüne – unter anderem beim 300. Spiel von Kapitän Marcel Seegert – und schaute seinem Ex-Verein zu.
Aber hat der mittlerweile 28 Jährige noch das Potential, um zu alter Stärke zurück zu finden. Manche sagen, wenn es einer rauskitzeln kann, dann Trares. Interesse von SVW Seite scheint aber nicht zu bestehen, sonst hätte man ihn schon vor der letzten Länderspielpause zurückholen können. Das Problem bei vereinslosen Spielern ist eben immer auch, dass es in der Regel dauert, bis sie wegen ihres Trainingsrückstandes überhaupt körperlich in der Lage dazu sind, Topleistungen zu zeigen.
In der Winterpause könnte man dieses Problem umgehen. Nicht unwahrscheinlich dürfte es jedenfalls sein, dass der SVW bei einer ähnlichen Transferoffensive wie im letzten Winter, als es darum ging, den Klassenerhalt mit aller Macht zu sichern, sogar in Richtung obere Tabellenregionen schielen könnte. Nur mal kurz zur Erinnerung: Damals kamen neben Boyd noch Martin Kobylanski, Lukas Klünter, Omer Hanin und Kevin Goden.
Man darf gespannt darauf sein, was in diese Mal passiert.
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