
Kevin Hangs (links) bei einem Titelkampf. Foto: Endaphe Medie
Vom runden Leder in den achteckigen Käfig – Kevin Hangs hat MMA für sich entdeckt
Fussball | erstellt am Do. 15.07.2021
Los ging einst alles wie bei so vielen Kindern. Bereits mit 5 Jahren war der mittlerweile 34-Jährige auf Fußball-Plätzen unterwegs. Gekickt hat er später beim FV 08 Hockenheim und auch erfolgreich bei Fortuna Heddesheim. Dort hat er unter Erfolgscoach René Gölz einst auch am Aufstieg in die Kreisliga Mannheim mitgewirkt.
Doch so richtig glücklich war er auf dem Rasen zwischen den beiden Toren eigentlich nie. „Ich komme aus einer Fußballer-Familie und muss sagen, dass es von mir einfach auch erwartet wurde, dass ich Fußball spiele.“ Was gewissermaßen auch mit seinem Onkel zusammenhing, der in jungen Jahren mal bei Roter Stern Belgrad am Ball war.
Archivbild: Kevin Hangs hier noch im Trikot des FV Fortuna Heddesheim 2012/2013. Mit dem Club stieg er seinerzeit in die Kreisliga Mannheim auf. Foto: S. Hofmann
Egal, wo Kevin Hangs dann auch auf dem Platz stand, sein Vater war meistens mit dabei. Als dieser dann früh starb, fiel Hangs in ein Loch und merkte, dass der Fußball nicht alles sein kann. Mit 26 Jahren kam er dann zur Vollkontakt-Kampfsportart Mixed Martial Arts – kurz MMA.
Und hier sprengte er jede Grenze. Nach gerade einmal 2,5 Jahren, in denen er allerdings auch zwei Mal pro Tag am Trainieren war, wurde er schon deutscher Vizemeister der Amateure. Und der Lohn konnte sich sehen lassen. Der deutsche MMA Verband schickte ihn 2016 kurzerhand über den großen Teich zur Amateur-WM nach Las Vegas. Dort trat er im Weltergewicht (bis 77 kg) an. Auch dort konnte er sich beweisen und schied letztlich gegen den Vizeweltmeister aus.
Hangs ist Besitzer einer MMA-Schule in Reilingen. Foto: Alfio Marino
Kaum zurück in Deutschland hatte Hangs dann richtig Blut geleckt. Er ging in die Profischiene. Sein erster Kampf fand in Berlin vor 5000 Zuschauern statt, den er auch gewinnen konnte.
Weitere Siege folgten, aber auch Niederlagen. Und eine war besonders bitter. Bei einem Kampf in München war er gerade dabei, seinen Gegner zu schmeißen, als er bei der Landung unglücklich auf seinen Ellenbogen knallte und sich dabei die Schulter brach.
„Ich bin danach zu 4 Ärzten gegangen. 3 davon haben mir gesagt, dass ich ein neues Leben beginnen muss, weil meine Schulter komplett kaputt sei und ich nicht mehr kämpfen oder schwer heben könne“, erinnert sich Hangs an die schlimmen Diagnosen zurück.
Kevin Hangs (im Vordergrund) bei der Trainingsarbeit in seiner MMA-Schule. Bild: Alfio Marino
Doch dann die Wende. Er ging in die Sprechstunde von Dr. Andreas Klonz in der Heidelberger Atos Klink. Klonz kannte sich mit genau dieser Verletzung aus. „Er betreut auch viele Rugby Nationalspieler und hat mir gesagt, dass er diese Verletzung schon häufiger diagnostiziert hatte. Versprechen konnte er mir nichts, aber man könne es probieren“, berichtet Hangs. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der hauptberufliche Kundendienst-Mitarbeiter in der Pharmabranche kämpft mittlerweile wieder. Für Oktober ist der nächste Kampf geplant.
Wobei sich sein Leben seit der Verletzung ohnehin nahezu komplett verändert hat. Hangs ist mittlerweile stolzer Besitzer einer MMA-Schule in Reilingen. „Bereits vor rund einem Jahr war eigentlich alles fertig, aber durch die Coronakrise konnten wir jetzt erst eröffnen.“
Der Zuspruch ist groß. Binnen eines Monats hat er bereits 100 Schüler. Neben seinen Kampfkünsten kann er sie auch in anderen Bereichen fachmännisch beraten. Hangs: „Während der Coronakrise habe ich noch ein Studium Ernährungswissenschaften für Hochleistungssportler absolviert.“
{loadmoduleid 374}
zurück