
Bewundernswert! Mannschaft und Trainer haben die äußeren Begleitumstände der letzten Monate sehr gut weggesteckt. Im Team stimmt es bei den Blauschwarzen. AS Sportfotos
Das war bislang ein richtig heißer Sommer für den SV Waldhof 07 Mannheim
Waldhof Mannheim | erstellt am Sa. 20.08.2016
Für den SV Waldhof aber schon, wenn man zurückblickt, was sich seit dem Saisonende im Mai so alles getan hat. Nicht wenige sind jedenfalls froh, dass nun der Ball wieder rollt und der sportliche Teil in den Vordergrund rückt.
Doch auch dies stimmt so nicht ganz. Denn es steht voraussichtlich in Kürze eine außerordentliche Mitgliederversammlung an, auf der die „Waldhof-Familie“ über den Investor der Spielbetriebs GmbH abstimmen muss. Und damit sind wir schon voll beim Thema. Die Tränen waren nach dem verpassten Aufstieg noch nicht richtig getrocknet, da brachten sich die Parteien in Front.
Auf dem Rathausempfang am Tag nach dem Relegationsspiel war davon noch nichts zu spüren. Der Bürgermeister ehrte die Mannschaft und danach posierte die Mannschaft vor der Kamera auch noch mit Aufsichtsrat Chef Thorsten Riehle bei der SPD-Fraktion. In den folgenden Tagen aber überschlugen sich die Ereignisse.
Zunächst zur Rolle des Aufsichtsrates
Sechs der sieben Personen, allesamt Mitglieder der „Mannheimer Runde“, sind gar nicht mehr im Amt. Als sie noch vollzählig waren, begrüßten und befürworteten sie die Gespräche des Vorstandes mit dem Investor Bernd Beetz. Ob es die Tatsache war, dass Beetz plötzlich zu seiner Pressekonferenz einlud oder einen anderen Grund hatte, auf jeden Fall passte dem AR irgendetwas nicht und legte daher fast geschlossen das Amt nieder.
Stefan Kleiber, der Vorsitzende des Verbundes der mittelständischen Mannheimer Unternehmen, der sogenannten „Mannheimer Runde“, erklärte für seine Gruppe das Projekt „Mannheim zurück in den Profifußball“ für beendet. Kleiber und Investor Beetz fanden einfach keinen Draht zueinander, was zur Folge hatte, dass Kleiber seinen Mannheimer Unternehmern nahelegte, das Sponsoring beim SVW zu beenden.
Der Bürgermeister persönlich versuchte zu vermitteln, doch dies scheiterte schon im Ansatz
Beide Seiten schoben sich dafür gegenseitig die Schuld zu. Was die Sache noch schlimmer macht, eine Alternative zu Beetz konnte die MR nie bieten. Erst als alles vorbei war, zog man plötzlich einen Plan aus der Schublade. Warum man damit nicht den Mitgliedern die Möglichkeit bieten wollte, zwischen zwei Modellen zu unterscheiden, bleibt das Geheimnis der Verantwortlichen. Der Verdacht liegt nahe, dass das ganze doch eine Nummer zu groß für Kleiber und Konsorten war. Die Million für die Spielbetriebs GmbH hätte man wohl nicht so ohne weiteres zusammengebracht.
Eine Sonderstellung besaß Geschäftsstellenleiter Stephan Pfitzenmeier. Bezahlt hatte er sich quasi selbst, denn dies war Teil des Sponsorings. Aber etwa zwei Wochen nach dem Saisonende war auch für ihn der Zeitpunkt gekommen, um aufzuhören. In einer Pressekonferenz mit einer Gruppe von ihm selbst ausgewählten Journalisten nahm er dann dazu Stellung. Kein guter Abgang für Pfitzenmeier. Dabei kann sich sehen lassen, was er in relativ kurzer Zeit bewegte.
Der Absatz an Fanartikeln florierte, die Zuschauerzahlen waren so hoch wie seit Jahren nicht mehr, es entstand ein richtiger Hype um den SVW. Die Erfolgsgeschichte mit Pfitzenmeier hätten viele gerne weitergeschrieben, doch das Interesse von Beetz hielt sich offenbar im überschaubaren Rahmen.
Der Investor selbst begnügte sich bei seiner Pressekonferenz mit einigen Andeutungen
Er kann natürlich darauf verweisen, dass erst einmal die Mitglieder abstimmen müssen. Doch die wissen bis jetzt auch noch nicht so genau, was sie von Beetz halten sollen, denn der SVW ist künftig vom Wohl und Wehe dieses Investors abhängig.
Zwischendurch meldete sich auch noch Hanno Balitsch zu Wort, der für das ZDF bei der Fußball-EM in Frankreich weilte und sich dort Gedanken über seine Zukunft machte. Erst rückte er damit heraus, dass er seine aktive Laufbahn beendet und später ließ er dann noch durchblicken, dass er auch keine andere Funktion beim SVW übernimmt.
Mittlerweile wurde mit Markus Kompp ein neuer Mann für die Leitung der Geschäftsstelle gewonnen
Kompp, der laut Präsidium genau das Anforderungsprofil erfüllt, soll nach der Ausgliederung der Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft werden. Zunächst einmal muss er aber nun versuchen, die Scherben zu kitten. Und dies wird schwer genug. Dass Kompp, kaum angekommen, auch schon mit der Funktion des Sportlichen Leiters in Verbindung gebracht wird, schmeckt vielen Fans überhaupt nicht. Balitsch wäre für diesen Job zu haben gewesen und es wäre auch der richtige Mann hierfür.
Sicher war auch Kenan Kocak nicht angetan von den Begleitumständen während der Sommerpause. Auch dies dürfte ein Grund für seinen Absprung gewesen sein. Dabei hatte er die Mannschaft doch noch zusammengestellt und über eine Woche Vorbereitung mit ihr verbracht. Nun muss Nachfolger Gerd Dais das Beste aus dieser Situation machen. Bislang lässt sich das gut an, denn die Waldhöfer sind nach drei Spieltagen weiter ungeschlagen (2-1-0).
Die Mannschaft
Was Neuzugänge betrifft, geisterten im Sommerloch zahlreiche Namen durch den Blätterwald. Von Kevin Kuranyi war da die Rede, auch Chinedu Obasi und Sejad Salihovic wurden genannt. Ein gewisser Ochs aus Frankfurt wäre vielleicht bei Aufstieg gekommen, er wollte aber nicht viertklassig spielen.
Für große Aufmerksamkeit sorgte in der Sommerpause das Gerücht, dass ein gewisser Lucio, früher u.a. bei Bayer Leverkusen und Bayern München in der Bundesliga aktiv, den SVW verstärken sollte. Irgendwann rückten die Verantwortlichen dann doch damit heraus, denn es stimmte wirklich. Lucio erhielt ein konkretes Vertragsangebot. Finanziert werden sollte der 38-jährige von privater Seite. Fehlte also nur noch die Spielberechtigung. Doch da machten die Behörden dem Innenverteidiger einen Strich durch die Rechnung. Nicht-EU-Ausländer erhalten nur in der Bundesliga und der Zweiten Liga anstandslos eine entsprechende Freigabe. Im Amateurbereich gelten noch andere Regelungen.
Das Thema war somit erst einmal durch. Doch ganz ohne Samba-Klänge in der Kabine muss der SVW nicht auskommen. Ederson Tormena hat auch einen italienischen Pass und soll über kurz oder lang eine feste Größe im Team werden. Nachdem er monatelang verletzungsbedingt nur mit seinem Physiotherapeuten trainieren konnte, wartete er im Sommer auch noch die Geburt seiner Tochter ab, bevor er endlich in Mannheim eintraf. In Kurzeinsätzen ließ er schon sein Können aufblitzen, es fehlt aber noch an der nötigen Fitness.
Für Verwunderung sorgte im Vorfeld, dass im Kader des SVW gleich vier Torleute stehen. Doch es gab Trainingseinheiten und Testspiele, da musste Gerd Dais sogar auf einen U19-Keeper zurückgreifen, weil er tatsächlich nur einen seiner vier Keeper im Training hatte. Bei Markus Scholz datierte die Verletzung noch aus der Vorsaison, die anderen drei Keeper zogen sich während der Vorbereitung diverse Wehwehchen zu.
In der Woche vor dem ersten Saisonspiel schien sich dann alles zum Guten zu wenden. Plötzlich waren alle Schlussmänner fit. Doch das Glück währte nur von kurzer Dauer. Gleich im ersten Spiel bei den Stuttgarter Kickers verletzte sich Christopher Gäng an der Patellasehne und fällt somit wieder für einige Wochen aus. Das spannende Duell um die künftige Nummer Eins im Tor muss also noch ein bisschen warten.
Erschienen in unserer Printausgabe vom 19.08.2016
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