
VfR-Coach Andreas Backmann (vorne stehend) beim Pokalspiel beim Kreisligisten SC Reilingen (9:1). Bild: Lothar Fischer
„Wir wollen natürlich ganz vorne mitspielen“ ++ Der sport-kurier im Interview mit VfR-Coach Andreas Backmann
Verbandsliga | erstellt am Sa. 08.08.2020
Seitdem folgten drei 3. Plätze, ein 9. Rang und in der abgebrochenen Spielzeit 2019/2020 war es am Ende der 8. Platz. Eigentlich zu wenig für die Ansprüche des Traditionsverein, der schon deutlich bessere Zeiten erlebt hat.
Jetzt hat man bei den Rasenspielern einen großen, personellen Umbruch hinter sich gebracht. 15 Spieler gingen, 12 neue Akteure kamen. Mit Andreas Backmann (44) wurde auch ein neuer Trainer mit A-Lizenz verpflichtet, der zuvor beim Ligakonkurrenten FC Olympia Kirrlach erfolgreich gearbeitet hat. Mit den Mittelbadenern gelang Backmann 2016/2017 der Aufstieg in die Verbandsliga Baden.
Der zweifache Familienvater lebt in Östringen und gilt auch im positiven Sinne als „Fussballverrückter“. Über Jahre hinweg coachte er 2 Mannschaften (FC Kirrlach/FC Speyer) und kickte als spielender Co-Trainer beim FC Speyer sogar noch in der Verbandsliga Südwest als Stammspieler mit. Mangelnde Fitness kann man dem heute 44-jährigen also auf keinen Fall unterstellen.
Als aktiver Spieler stand er für den 1. FC Saarbrücken und Karlsruher SC in der 2. Bundesliga in 13 Spielen auf dem Platz. In der Regionalliga brachte es Backmann auf 146 Einsätze.
Wir haben Andreas Backmann in unsere Sport-Redaktion eingeladen und mit ihm ein längeres Interview geführt.
sport-kurier. Wie kam es denn seinerzeit zu dem Kontrakt mit dem VfR Mannheim?
Andreas Backmann: Als Serkan Secerli beim VfR aufhören musste, kam damals der Sportliche Leiter Jener Külbag auf mich zu und wir hatten gute Gespräche. Letztendlich entschied ich mich dafür, nicht mitten in der Saison den FC Olympia Kirrlach zu verlassen. Als dann wenig später Hakan Atik Sportlicher Leiter wurde, hatten wir zusammen mit dem Sportvorstand Serkan Zubari erneut Gespräche und einigten uns auf eine Zusammenarbeit ab der Spielzeit 2020/2021. Der VfR Mannheim ist ein Traditionsverein mit einem sehr guten Umfeld, der aber auch in den letzten Jahren die Sportlichen Zielsetzungen verfehlte. Das hat mich sehr gereizt, hier arbeiten zu wollen.
Wo liegen denn die Unterschiede zwischen dem FC Kirrlach und dem VfR?
In Kirrlach war es eine großartige Zeit für mich. Dort geht es sehr familiär zu. Da musste ich als Trainer aber auch viele andere Aufgaben übernehmen bzw. abdecken. Ob es um die Planung der Platzbelegung für die 1. Mannschaft, die zeitweise Organisation eines Physiotherapeuten oder auch viele andere Dinge ging, bei denen ich die Hand anlegen musste. Co-Trainer Jens Umstadt musste auch noch selbst mitspielen im Team, so dass natürlich die Abläufe bei Trainingseinheiten und Spielen andere waren. Beim VfR habe ich rund um das Team viele helfende Hände. Es wird hier mit Semi-Professionalität gearbeitet und man kann sich als Trainer auf das Wesentliche, auf das Trainer sein konzentrieren. Das Rhein-Neckar-Stadion, die modernisierte Anlage mit den neuen Kunstrasenplätzen bieten allgemein sehr gute Voraussetzungen. Deshalb muss es auch weiterhin das Ziel sein, in die Oberliga Baden-Württemberg aufzusteigen. Das ist auch mein Anspruch als Trainer.
Der VfR Mannheim will seit Jahren aufsteigen und das Umfeld kann mitunter sehr kritisch sein, wenn es nicht nach Wunsch läuft. Wie wollen Sie mit dem Druck umgehen?
Natürlich ist das Umfeld des VfR, sind die Zuschauer und Mitglieder hungrig auf Oberligafußball. Und ja, es ist so, dass der VfR die letzten Spielzeiten hinter den Erwartungen blieb. Mir ist bekannt, dass die Erwartungshaltung groß ist. Meine Aufgabe als Trainer ist es, etwas erreichen zu wollen mit dem Team. Es ist eine neuformierte Mannschaft, die genug Potenzial in sich trägt, um die ersten beiden Plätze mitspielen zu können. Und jetzt in der Vorbereitung müssen wir den Grundstein legen, eine sehr gute Saison zu absolvieren. Ein Selbstläufer wird das aber nicht, da steckt erstmal ganz viel Arbeit dahinter. Aber ich denke wir sind auf einem guten Wege und gehe die Aufgabe mit Selbstvertrauen und Zuversicht an.
Die Fluktuation im Kader war sehr groß. 15 Spieler verließen den Verein, 12 neue Spieler kamen dazu. Da spielt teilweise eine ganz andere Mannschaft als im Vorjahr. Reichen da 8 Wochen Vorbereitungszeit auf die neue Spielzeit?
Wir haben zunächst bewusst 8 Wochen Vorbereitungszeit gewählt, da wir auch von einer Mammut-Saison mit vll. 20, 21 Mannschaften ausgingen. Am Ende sind es durch den Rückzug von Gartenstadt und Wieblingen, als auch der Entscheidung, die Zweiten der Landesliga nicht aufsteigen zu lassen, nur 16 Teams. Die 8 Wochen Vorbereitung werden ausreichen, um zum Saisonstart eine schlagkräftige und ambitionierte Mannschaft auf den Platz zu bringen.
Konnten Sie bei der Kaderzusammenstellung ihre Wünsche einbringen? Es sind bekanntlich auch 3 Spieler ihres vorherigen Vereins zum VfR gewechselt.
Ja, natürlich konnte ich das. Hakan Atik als Sportlicher Leiter und ich als Trainer haben nur Transfers getätigt, bei denen wir Beide den „Daumen nach oben“ gerichtet haben. Insofern hat das auch alles sehr gut funktioniert und wir haben eine Mannschaft zusammen, von der wir überzeugt sind. Was die drei Kirrlacher Spieler (Maurice Mayer, Yannick Krämer, Ayhan Akdemir) angeht, die haben teilweise gefühlte 7 Jahre in Kirrlach gespielt und suchten auch eine neue Herausforderung. Akdemir und Krämer hatten auch Gespräche mit anderen Vereinen, bevor wir mit Ihnen sprachen – und hätten Sie nicht zum VfR gewechselt, dann wäre es am Ende vll. ein anderer Club gewesen.
Andreas Backmann (weiß) im Smaltalk mit dem Schiedsrichtergespann. Bild: Lothar Fischer
In den ersten Vorbereitungsspielen ging es mit einem neuformierten Team durchweg gegen klassenhöhere Teams (2 Niederlagen, ein Remis, ein Sieg).
Wir haben das bewusst so gewählt. Das waren allesamt Teams, die ein hohes Niveau aufwiesen. Gerade im Spiel gegen den Ball und was die Defensivarbeit anging, war es unabdingbar, so zu testen. Mit dem Ergebnis dieser Testspiel-Vorgehensweise sind wir zufrieden, denn das Team hat sich von Spiel zu Spiel immer besser auf die Gegner eingestellt, die richtig guten Fußball spielen (Anm. Red. – 1. CfR Pforzheim, TSG Hoffenheim II, W. Worms, Neckarsulmer Sportunion). Jetzt gilt es über die hoffentlich weiteren Pokal- und Testspiele, auch verstärkt Schwerpunkte auf unsere Offensivqualitäten zu legen.
Sie sprechen es an, die Pokalspiele. Am Sonntag geht es gegen den Landesligisten FC Türkspor Mannheim. In der 3. Runde könnte der Gegner TSV Kürnbach oder TSG 62/09 Weinheim lauten. Ihre Einschätzung zu den Gegnern?
Nun ja, jetzt geht es erstmal gegen den FC Türkspor und an weitere Pokalrunden verschwende ich keine Gedanken, da die nächste Aufgabe immer die schwierigste ist, die es erfolgreich zu meistern gilt. Der FC Türkspor liegt ja in unmittelbarer Nachbarschaft zu uns. Und wir werden uns auf einen hochmotivieren Gegner und eine hitzige Begegnung einstellen müssen. Natürlich wollen wir uns in diesem Spiel behaupten und in die nächste Pokalrunde einziehen, das ist keine Frage.
Mit Cihad Ilhan, Benedikt Koep, Yanick Haag und Sahin Aygünes haben Sie außergewöhnlich gute Offensivspieler in Ihren Reihen. Nicht immer werden alle gleichzeitig spielen können, was ja auf der Hand liegt. Wie hält man da die Spieler bei Laune, wenn der eine und andere mit seinen Einsatzzeiten nicht zufrieden ist?
Das betrifft ja nicht nur die Offensivabteilung, sondern die ganze Mannschaft. Ich kann nur 11 Spieler aufstellen und die Verantwortung, was unter dem Strich herauskommt, die trage ich. In der Vorbereitung ist das alles noch locker, da wird viel gewechselt, da hat jeder seine Einsätze. In der Liga muss ich das Spieltag für Spieltag aufgrund von Trainingseindrücken und auf den Gegner bezogen, entscheiden, mit welchem System wir spielen und welche Spieler in der Startformation stehen. Da wird auch öfters das „Bauchgefühl“ entscheiden. Jeder Akteur im Team muss dies im Sinne der Mannschaft akzeptieren können und da werden sicher auch öfters Gespräche mit Spielern erforderlich sein.
Welche Spielsysteme bevorzugen Sie?
Jedes Spielsystem hat seine Vor- und Nachteile und viele Systeme sind reine Auslegungssache. Wir haben 2, 3 Systeme gespielt und es wird immer so sein, dass wir gegen die jeweiligen Gegner situationsabhängig spielen werden.
Wie lautet die Sportliche Zielsetzung des VfR Mannheim in der Saison 2020/2021?
Wir wollen aufsteigen, also haben wir die ersten beiden Tabellenplätze im Fokus.
Wo sehen Sie persönlich die größte Konkurrenz?
Also wenn ich ein Ranking machen kann, dann Stand heute der FV Fortuna Heddesheim, ATSV Mutschelbach und SV Spielberg. Auch den Aufsteiger 1. FC Mühlhausen muss man im Auge behalten. Ob die eine und andere Überraschungsmannschaft vorne mit dabei sein wird, das wird man sehen.
Mit Neckarelz (A), Mutschelbach (H), Kirrlach/Ex-Verein (A), Heddesheim (H) und Mühlhausen (A) steht ein sehr schweres Auftaktprogramm bevor. Ihre Einschätzung?
Wir hätten uns natürlich ein leichteres Auftaktprogramm gewünscht, aber wir sind hier auch nicht im Wunschkonzert und nehmen es so, wie es ist. Neckarelz hat viel Offensivqualität verloren. Mutschelbach hat sich nochmals punktuell verstärkt, die Kirrlacher werden, gerade wenn es gegen den Ex-Trainer und ehemalige Mitspieler geht, hochmotiviert sein. Heddesheim wird das gewohnt schwere Spiel und Mühlhausen hat richtig gute Qualität in seinen Reihen. Wir werden also Woche für Woche auch an die Grenzen gehen müssen, um eine gute Spielbilanz hinzulegen.
Wie sieht die personelle Situation aktuell aus und wird man am Ende des 2. Transferfensters (31. August) nochmal nachlegen?
Stand heute haben wir einen 20 + 3 Kader, wobei Kwadwo Yeboah Twumasi mit einem Kreuzbandriss lange Zeit ausfallen wird. Yannick Tewelde ist nach seiner langen Verletzungszeit wieder voll dabei und kam im Pokalspiel in Reilingen nach fast 1,5 Jahren zum Einsatz. Er braucht verständlicherweise noch etwas Zeit. Rafael Cardoso laborierte an einem Muskelriss, befindet sich jetzt aktuell im Lauftraining. Wir werden nur dann nochmal aktiv werden, wenn es personell erforderlich wäre und dann der Spieler auch eine Verstärkung darstellt.
Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihrer Mannschaft und Ihnen viel Erfolg in der neuen Runde.
Vielen Dank.
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