
Bild: Berno Nix
Der sport-kurier im Gespräch mit Ex-Türkspor Coach Feytullah Genc
Landesliga | erstellt am Di. 29.05.2018
Der Rücktritt der Erfolgstrainers, der Türkspor in die Landesliga geführt hat, kam in dieser Saison überraschend. Nun spricht Genc im Gespräch mit dem sport-kurier über seine Beweggründe.
Hallo Herr Genc, es sind ja jetzt schon ein paar Wochen vergangenen, seitdem Sie nicht mehr Trainer vom FC Türkspor Mannheim sind. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied? Mittlerweile müssten Sie ja merken, ob Sie etwas vermissen.
GENC: Natürlich war das eine harte Trennung, denn der Klub ist jetzt 40 Jahre alt, davon habe ich drei Jahre als Spieler für ihn gespielt und nach einer Unterbrechung 10 Jahre für den Gewinn einer Anlage, Außendarstellung, Homepage, Facebook, Stadionheft, Kommunikation mit Stadt, Verband und Presse gearbeitet. Dass ich nebenbei noch 7 Jahre als Trainer für einen Verein ohne Sportanlage, ohne Trainingsmaterial und zunächst ohne Mannschaft gearbeitet habe und in der A-Klasse einen Neuanfang gestartet hatte, ist eigentlich nur Nebensache.
2012/2013 stieg der FC Türkspor Mannheim über die Aufstiegsspiele gegen Germania Friedrichsfeld in die Kreisliga Mannheim auf. Bild: Berno Nix
Sie hatten kürzlich gesagt, dass Sie dem Verein weiter erhalten bleiben werden. Wie denn genau?
GENC: Als Fan. Der Vereinsname, das Vereinswappen, meine Spieler, die mich in den Jahren begleitet haben und natürlich meine loyalen aber auch kritischen Fans vom Klubhaus-Stammtisch bleiben immer in meinem Herzen.
Sie haben bei Türkspor sehr viel geleistet. Auch in Sachen Integration. Und somit einen großen Anteil, dass der einst vermeintlich schlechte Ruf, mittlerweile sehr viel besser ist. Wie haben Sie das genau gemacht?
GENC: Ich denke, wir haben einfach unseren Fußballverstand mit deutscher Disziplin sowie mit kurz-, mittel- und langfristen Zielen gekoppelt. Natürlich haben wir unsere südländische Flexibilität mit eingebaut. Zudem haben wir uns durch unsere Mentalität nie von unserem Weg abbringen lassen. Das war ich natürlich nicht allein. Hier hatte ich von Tag eins an eine charakterstarke sportliche Leitung, die trotz schwierigster Situationen und auch Meinungsverschiedenheiten immer zu mir gestanden hat. Was sich auch bemerkbar machte, war, dass zuletzt 4-5 nicht türkische Spieler in der Startelf standen. Das gab es auch noch nie.
Sie haben auch Aufgaben auf Verbandsebende wahrgenommen.
GENC: Ich selbst bin seit 10 Jahren beim Kreissportgericht als Sportrichter tätig. So habe ich Anfang des Jahres für meine ehrenamtliche Tätigkeit die bronzene Ehrennadel vom badischen Fußballverband verliehen bekommen. Dadurch habe ich auch viel gelernt und konnte auch beim Aufbau der sportlichen Leitung helfen. Da die Wechselmodalitäten, Spielordnung usw. keine Fremdwörter mehr für mich waren.
2016/2017 stieg Feytullah Genc mit seinem Team ungeschlagen in die Landesluiga Rhein-Neckar auf. Bild: Berno Nix
Fußball ist ein großer Bestandteil Ihres Lebens. Kann es sein, dass man Sie auch mal bei einem anderen Verein als Trainer sieht?
GENC: Natürlich. Der Fußball hat mir viel gegeben. Ich hatte von meiner Jugendzeit bis zu den letzten Monaten beim Fußball nur Freunde gewonnen und werde immer mit offenen Armen empfangen. Aber die letzten Monate haben mir auch die Kehrseite des Fußballgeschäfts gezeigt. Und mir auch die Augen geöffnet, dass man auch im Amateurbereich nicht immer Freunde gewinnen kann. Es gab jetzt große Enttäuschungen.
Muss das dann zwangsläufig ein türkischer Verein sein?
GENC: Natürlich nicht. Denn ich habe vom ersten Tag an meine Ansprachen und Anweisungen immer in Deutsch gegeben.
Wie lange waren Sie bei Türkspor?
GENC: Wie gesagt, ich war selbst von 1999-2002 Spieler und Kapitän und bin damals schon über die Relegation in die Landesliga aufgestiegen und habe den Kreispokal gewonnen. Mich hat dann 2007 Kenan Kocak für die Presse-, Öffentlichkeits- und Marketing Arbeit dazu geholt. Hinzu kam auch die Kommunikation mit dem Fußballkreis. So befand ich mich dann zusammen mit Sinan Sürer mitten auf der Suche nach einer eigenen Sportanlage und wir waren tagtäglich im Kontakt mit der Stadt.
Was macht den Verein so besonders?
GENC: Dass der Verein mit Hilfe der wahren Vereinsbesitzer, mit den Fans vom Stammtisch und viel Herz und Leidenschaft auch ohne vorhandene Mittel alles umsetzen können. Hier nur zwei Beispiele: Als die Mannschaft 2011 in die Kreisklasse abgestiegen ist, gab es keine Anlage, keinen Vorstand, keine Spieler und auch keine Sponsoren. Die Herren haben sich, weil niemand mehr da war, bereit erklärt, die Vorstandschaft zu übernehmen und auf Empfehlung von Sinan Sürer mich als Trainer dazugeholt. Die Aufwandsentschädigungen und sonstige Kosten hat die Vorstandschaft mit ihren eigenen finanziellen Mitteln getragen. Beim Kunstrasenbau haben wir zusammen unter Regen und mit Autolicht nachts die Baumaßnahmen durchgeführt. Bei 40 Grad in der Fastenzeit ohne etwas zu trinken haben wir mit knapp 35 Personen vom Klubhaus im Sommer 1000m² Rasenstücke in der Innenstadt aufgesammelt und dann direkt neben dem Kunstrasen verlegt.
Was sind die sportlichen Erinnerungen?
Da gibt es natürlich etliche. Neben dem Relegationsaufstieg und der ungeschlagenen Meisterschaft, sind natürlich die Trainingslager in Antalya, die mein langjähriger Vorsitzender Lokman Karabulutoglu eingeführt hatte, natürlich die Highlights.
Die Trainingslager in Antalya (Türkei) waren immer ein Highlight für das Team des FC Türkspor Mannheim. Bild: FCT
Inzwischen wurde auch der neue Trainer bekannt gegeben. Wie ist Ihre Meinung zu ihm?
Das war einer der Hauptgründe meines Rücktritts. Als ich noch Trainer von Türkspor war, wurden bereits Gespräche mit anderen Trainern geführt. Als ich das mitbekommen habe und die Vereinsführung darauf angesprochen habe, hat diese gesagt, es würde keine Gespräche mit anderen Trainern geben. Das hat mich wirklich sehr enttäuscht. Da sieht man, dass die menschlichen Werte nichts zählen. Das wird immer hängen bleiben. Wer jetzt was und wie macht, ist jetzt nicht mehr meine Baustelle.
Sie waren mit Sefa Öztürk und Sinan Sürer ein Team?
Ja, das war so. Ich stand vielleicht in der Öffentlichkeit eher im Vordergrund, aber an der großartigen Entwicklung des Vereins haben die beiden natürlich mindestens genauso einen großen Anteil. Zudem gehörte ab dem ersten Tag mein Co-Trainer Sevket Gör und Zeugwart Muhterem Kocaman dazu.
Was wünschen Sie Ihrem Ex-Verein?
Zum einen wünsche ich dem FC Türkspor, den ich als mein Baby zum Laufen gebracht habe, in seiner weiteren Entwicklung viel Erfolg, zum anderen möchten ich mich bei meinem Trainerteam nochmals auch namentlich Sevket Gör, Yusuf Baran und Betreuerteam um Aytu Ciftci, Muhterem Kocaman und Kadir Halici bedanken. Und zuletzt ein ganz besonderer Dank meiner großartigen Familie (inklusive Eltern und Geschwister) für die Unterstützung.
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