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Ronny Zimmermann im Interview: „Den Fußball zukunftsfähig gestalten“

Archiv Verbände (Fußball) | erstellt am Fr 13.01.2012

Im Gespräch mit dem bfv-Referenten für Öffentlichkeitsarbeit, Stefan Moritz, spricht er über die WM im eigenen Land, seine Wahl zum Vizepräsidenten des Süddeutschen Fußballverbandes, neue Aufgaben bei der UEFA, die Verbandsarbeit und über zukünftige Herausforderungen.

Herr Zimmermann, beginnen wir mit der Frauen-WM. Als OK-Außenstellenleiter der Stadt Sinsheim hatten Sie einen umfassenden Einblick. Welches Fazit ziehen Sie aus diesem Großereignis?

Ronny Zimmermann: Zunächst einmal waren wir alle sehr froh, dass wir mit dem Standort Sinsheim auch im Verbandsgebiet des bfv vier WM-Spiele zu bestaunen hatten. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen der OK-Außenstelle der Stadt Sinsheim, 1899 Hoffenheim, der Wirtschaft samt Behörden sowie dem bfv, blicken wir auf eine erfolgreiche Frauen-WM zurück. Sinsheim hatte – den Standort Berlin mit dem Eröffnungsspiel einmal ausgenommen – den höchsten Zuschauerzuspruch. Die Region fand nicht nur bundes-, sondern auch weltweite Beachtung. Das ist schon toll, dass wir uns mit dem kleinsten WM-Stadion so gut präsentiert und eine ähnliche Rolle wie der Standort Kaiserslautern bei der WM 2006 eingenommen haben. In der Summe war die WM für mich ein weltweites Ausrufezeichen im Frauenfußball, es wird sicher schwer sein, diesen Erfolg künftig zu toppen. Es ist uns definitiv gelungen, den Frauenfußball als eigenständigen Sport im Bewusstsein der Sportinteressierten zu verankern.

Wie sehen Sie die Weiterentwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs?

Der Mädchen- und Frauenfußball muss sich Schritt für Schritt weiterentwickeln. Die Frauen-WM kann daher nur als Anstoß zu einer nachhaltigen Entwicklung gesehen werden. Der Deutsche Fußball-Bund hat bereits im Vorfeld zum Beispiel mit dem erfolgreichen TEAM 2011-Wettbewerb erste Maßnahmen ergriffen, um die Gesellschaft und unsere Vereine für den Mädchen- und Frauenfußball zu begeistern. Diese verstärkte öffentliche Wahrnehmung – auch durch die WM bedingt – hatte schon erste positive Effekte. So kamen einer Auswertung folgend zu den Hinrundenspielen der aktuellen Saison der Frauenfußball-Bundesliga im Schnitt 39 Prozent mehr Zuschauer als in der Vorsaison. Das ist sehr erfreulich und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Trotzdem kann dies erst der Anfang einer hoffentlich spannenden und nachhaltigen Entwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs sein.

Sie sprechen das Thema „Nachhaltigkeit“ an. Welche Maßnahmen hat der Badische Fußballverband ergriffen, um den Mädchen- und Frauenfußball zu stärken?

Der bfv hat in Zusammenarbeit mit seinen neun Fußballkreisen eine Frauen-WM-Nachhaltigkeitskampagne initiiert. Dort wurden insbesondere die Maßnahmen bzw. Angebote verstärkt beworben, die es schon gibt. Zum Beispiel das DFB-Mobil, welches seit 2009 zu interessierten Vereinen fährt. Der DFB hat dieses erfolgreiche Projekt erst vor kurzem bis zum Jahr 2013 verlängert. Außerdem gibt es die AOK-Mädchentreff-Angebote, Schnuppertrainingseinheiten für Vereine durch Auswahl- oder Stützpunkttrainerinnen und -trainer sowie Beratungsangebote rund um den Mädchenfußball. Gezielte Kurzschulungen in den Fußballkreisen zum Thema Mädchenfußball wurden neu ins Programm genommen. 150 Trainerinnen und Trainer nahmen dieses Angebot bereits wahr. Diese Nachhaltigkeitskampagne gilt es weiter zu forcieren. Wir stehen in engem Kontakt zu unseren Fußballkreisen, um diese Maßnahmen auszubauen und die Vereine dafür zu gewinnen.

Beim Verbandstag in Kassel wurden Sie zum Vizepräsidenten des Süddeutschen Fußballverbandes gewählt. Auch Präsident Dr. Rainer Koch wird für neuen Schwung sorgen. Wie sehen Sie ihre zukünftige Rolle im SFV und die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen?

Mit 120 von 139 Stimmen habe ich mich über den großen Vertrauenszuspruch der Delegierten auf dem Verbandstag sehr gefreut. Ich werde zusammen mit meinen Präsidiumskollegen alles daran setzen, die erfolgreiche Arbeit des bisherigen Präsidenten Rolf Hocke fortzuführen. Wir haben auch viele bedeutende Themen anzupacken. So müssen wir die vielerorts befürchteten Mannschafts- und Spielerrückgänge im Amateurfußball, die Nachwuchsgewinnung im Schiedsrichterwesen, die neue Spielklassenstruktur sowie die Finanzausstattung von Vereinen und Verbänden angehen. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam diese Herausforderungen bewältigen und wünsche mir insbesondere, dass es uns gelingen wird, die Strukturfrage innerhalb des recht knappen Zeitfensters bis zum Ende diesen Jahres umfassend aufzuarbeiten und die richtige Schlussfolgerung hieraus zu ziehen.

Die Ernennung zum Spieldelegierten durch die UEFA war ein weiteres Highlight des vergangenen Jahres und ein neu hinzugekommenes Aufgabengebiet für Sie. Was hat es damit auf sich?

Highlight trifft es ganz sicher, denn natürlich kann ich einen gewissen Stolz nicht verbergen. Nun auch auf internationaler Ebene in den besten europäischen Fußballwettbewerben an entscheidender Stelle agieren zu dürfen bedeutet für mich einen großartigen Vertrauensbeweis aber auch eine weitere Herausforderung. Zusammen mit dem Schiedsrichterteam, dem Schiedsrichterbeobachter und dem Spieldelegierten hat die UEFA mehrere Personen bei Fußballspielen auf europäischer Ebene im Einsatz. Der UEFA-Delegierte ist dabei der höchstrangige UEFA-Vertreter vor Ort und seine Aufgabe hierbei ist es, die organisatorischen Abläufe rund um das Spiel vor dem Hintergrund des UEFA-Regelwerks zu begleiten, zu koordinieren, zu überprüfen und zu beobachten. Während der Aufenthalte sind dabei zentrale Entscheidungen zu treffen, mehrfach Berichte über den aktuellen Status an die UEFA-Zentrale in Nyon zu senden und Organisationsbesprechungen zu leiten. Schon gegen Ende des letzten Jahres war ich z.B. in der UEFA Europa League in der Gruppenphase in Rumänien und in England im Einsatz. Bei diesen Spielen in Europa erlebt man sehr viel und kann seinen fußballerischen Horizont erweitern. Fußball ist zwar weltweit gleich, aber hat dann doch ganz besondere lokale Besonderheiten.

Kommen wir zum Profibereich in Baden. Wie schätzen Sie die derzeitige sportliche Situation bei den Vereinen ein?

1899 Hoffenheim steht aktuell exakt da, wo ich das Team vor der Runde erwartet hatte, nämlich zwischen Rang sechs und zehn. Die Bundesliga hat sich in den vergangenen Jahren toll entwickelt und vergleicht man die Teams auf den ersten zwölf Tabellenplätzen, so geben diese sich – den FC Bayern und Borussia Dortmund ausgenommen – relativ wenig. Jeder kann jeden schlagen, somit ist aus meiner Sicht der bislang erreichte Tabellenplatz ein toller Erfolg. Die hervorragende Jugendarbeit und das Wirken von Trainer Holger Stanislawski wird aber sicherlich in den nächsten Jahren Früchte tragen und zu einem noch größeren sportlichen Erfolg führen, wenn der Club die hierfür erforderliche Geduld aufbringt. Mit der WIRSOL-Rhein-Neckar-Arena haben der Verein und die Stadt jedenfalls ein kleines Schmuckstück geschaffen, um auch in der Vermarktung neue Wege zu gehen und um der Region auch künftig Fußballfeste wie die Frauen-WM oder das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft präsentieren zu können.

Sorgenkind bleibt der Karlsruher SC, der sich in akuter Abstiegsgefahr befindet.

Der KSC hat eine ereignisreiche Zeit hinter sich. Nachdem der Neuaufbau im Präsidium mit Ingo Wellenreuther und im sportlichen Bereich mit Oliver Kreuzer vollzogen wurde, musste auch ein Umbruch in der Mannschaft erfolgen. Bislang hat sich die heftige Veränderung des Kaders nicht ausgezahlt. Der Mannschaft fehlt es derzeit aus meiner Sicht an Erfahrung, aber auch an Qualität. Dies haben die Verantwortlichen mittlerweile erkannt. In der Winterpause gilt es daher personell nachzulegen, um den drohenden Abstieg zu verhindern. Wir alle hoffen zusammen mit vielen Menschen der Region, dass der KSC die Klasse hält und auch der Neuaufbau mit jungen Spielern weiter vorangetrieben wird.

Mit dem SV Sandhausen klopft ein weiterer Verein aus Baden an die 2. Bundesliga. Wie schätzen Sie die Chancen des Dais-Team ein?

Es ist schon erstaunlich welch gute Arbeit in Sandhausen geleistet wird. Mit dieser herausragenden Tabellensituation hat vor der Saison niemand gerechnet. Das Team hat sich auch nicht von Rückschlägen außer Tritt bringen lassen. Im Badischen Krombacher-Pokal der Herren haben sie sich keine Blöße gegeben und sind souverän ins Halbfinale eingezogen. Dies zeigt die Klasse der Mannschaft. In der Rückrunde wird die Truppe aus Sandhausen jedenfalls niemand mehr unterschätzen. Sofern Trainer Dais mit seiner Mannschaft der nun zugesprochenen Favoritenrolle zu recht kommt, bin ich überzeugt, dass in der nächsten Saison in Sandhausen 2. Bundesliga gespielt wird.

Der Amateurfußball ist auch das zentrale Thema beim bevorstehenden DFB-Amateurfußball-Kongress im Februar 2012. Welche Inhalte stehen dort auf der Tagesordnung?

Bundesweit 80.000 Spiele pro Wochenende und 160.000 Mannschaften im Amateurfußball sind beeindruckende Zahlen. Der DFB und seine Landesverbände hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Zukunft des Amateurfußballs auf diesem Kongress zu beraten. Dort gilt es Maßnahmen zu entwickeln, um den Fußball zukunfts- und wettbewerbsfähig zu gestalten. Schwerpunkte werden das Image des Amateurfußballs, die Zukunft des Ehrenamtes, Impulse für die Fußballentwicklung, die Fußballorganisation als Dienstleister sowie die finanziellen Rahmenbedingungen sein. Wie wichtig dem DFB und seinen Verbänden der Amateurfußball ist, zeigen die Teilnehmer am Kongress: Die DFB- und Ligaspitze, Vertreter aller Fußballlandesverbände, Vereinsvertreter bis hin zu UEFA- und FIFA-Repräsentanten, erörtern die Situation drei Tage in Kassel. Dabei wird großer Wert auf die Teilnahme und Mitwirkung von Vereinsvertretern des klassischen Amateurlagers gelegt, denn deren Zukunft wird hier im Fokus stehen.

Kommen wir auf die Verbandsarbeit zu sprechen. Auch im abgelaufenen Jahr gab es trotz etlicher Maßnahmen des Verbandes Gewalt in und um die Amateurfußballplätze. Wie sehen sie die aktuelle Entwicklung?

Nach Jahren der Aufklärungsarbeit und einer vielleicht bundesweit einmaligen Gewaltpräventionskampagne durch Veranstaltungen in jedem Fußballkreis haben wir uns auf einem guten Weg befunden, jedenfalls hatten wir das gehofft. Die augenblickliche Entwicklung in der Hinrunde zeigt aber, dass wir nach wie vor alle gemeinsam an diesem Thema arbeiten müssen. Daher appelliere ich erneut an alle Fußballerinnen und Fußballer, Trainerinnen und Trainer sowie Funktionäre, einschließlich unserer Schiedsrichter, dieses Thema offensiv anzusprechen und insbesondere auch in der Jugendarbeit zu verfolgen. Da es immer häufiger auch zu Übergriffen durch Zuschauer kam, muss man leider auch diese daran erinnern, dass es sich um Sportveranstaltungen handelt und ein solches Verhalten durch die Verantwortlichen im Sport nicht toleriert und geduldet wird. Fairplay hört nicht an der Seitenauslinie auf! Wir seitens des bfv werden auf einer Sondersitzung des Verbandsvorstandes im Januar dieses Themenkomplex ausführlich erörtern. Nur gemeinsam können wir Schritt für Schritt langfristige Erfolge erzielen.

Mit dem Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers Siegfried Müller wurde ein Umbruch beim bfv vollzogen. Wie wird der Verband in Zukunft aufgestellt sein?

Siegfried Müller (Foto links) hat mit seiner 25-jährigen Tätigkeit enorm zur Entwicklung des Verbandes beigetragen. Daher war und ist es mir ein besonderes Anliegen, ihm auch an dieser Stelle für seine aufopferungsvolle, seriöse Arbeit und Treue zu danken. Es freut mich darüber hinaus sehr, dass er seine Bereitschaft erklärt hat, dem bfv ehrenamtlich weiter zur Verfügung zu stehen. Mit dem neuen Geschäftsführer Uwe Ziegenhagen und Stefan Moritz für die Presse sind die ersten Umstrukturierungsmaßnahmen in der Geschäftsstelle erfolgt. Ab März 2012 wird dann auch der Geschäftsführer für die neue Regionalliga Südwest mit Sitz in Karlsruhe seinen Dienst antreten. Ich bin überzeugt, dass wir in dieser Hinsicht sehr gut für die Zukunft gerüstet sind.

Sie sprechen die Regionalliga-Reform an. Sie nahmen als Leiter der Regionalliga Arbeitsgruppe eine federführende Rolle in der Kommission zur Einführung der Fußball-Regionalliga-Südwest ein. Wie ist der aktuelle Stand der Reform?   

Unsere Aufgabe war es die am letzten Bundestag des DFB beschlossene Regionalligareform umzusetzen. Dabei hatten bzw. haben wir im Südwesten ganz sicher die größten Herausforderungen zu bewältigen. So gibt es, um nur eine der Aufgaben anzusprechen, keinen Fußballverband, welcher das Gebiet der neuen Spielklasse vollständig abdeckt. Wir haben im Rahmen der Umsetzung versucht, den Vereinen entgegen zu kommen und kostendämpfend zu agieren. So werden die Schiedsrichterspesen um ein Drittel zurückgefahren, die Mindestabgaben pro Spiel von 500 auf 250 Euro abgesenkt. Bei der Stadionkapazität wird ein Fassungsvermögen von 2.500 Zuschauern, darunter lediglich 100 Sitzplätze, für die Zulassung bereits ausreichen. Das aufwendige und kostenintensive Lizenzierungsverfahren wird durch die Abgabe einer Bankbürgschaft ersetzt. Mit unseren Arbeiten befinden wir uns augenblicklich in den letzten Zügen. Die neue Regionalliga Südwest wird also pünktlich zur Saison 2012/2013 an den Start gehen.

Gibt es Bedenken bei der neuen Reform?

An der Schnittstelle zwischen Amateur- und Profifußball gibt es leider keinen – alle glücklich machenden Königsweg, aber ich bin mir sicher, dass dieser Weg funktionieren kann. Bei aller Kritik an der alten Struktur gab es unter dem Strich nicht einen Vorschlag, der alle Problemstellungen beseitigen konnte. Alleine schon aus diesem Grund gibt es auch bei der nun neu geschaffenen Struktur immer Unsicherheiten bzw. Vor- und Nachteile. Das neue Modell muss sich erst einmal entwickeln und bewähren. In zwei bis drei Jahren können wir dann ein erstes Resümee ziehen.  

Die Sportschule Schöneck befindet sich schon seit einigen Jahren in einer Umbauphase. Was steht im neuen Jahr an?

Die energetischen Sanierungen im Waldhaus, der Fritz-Meinzer-Halle, der Halle zwei und des Schwimmbades sind abgeschlossen. Diese Maßnahmen hatten ein Volumen von 1,3 Millionen Euro. Auch die Brandmeldetechnik haben wir nach einer Begehung der Karlsruher Feuerwehr auf den neusten Stand gebracht. Das Jugendhaus wurde schließlich mit neuen Möbeln aufgewertet. Ein neuer Fitnessbereich wurde geschaffen, der uns und unseren Partnern im Bereich Qualifizierung ganz neue Möglichkeiten gibt.
Seit Ende des letzten Jahres entstehen im Erdgeschoss des Arkadenhauses vier barrierefreie Zimmer. Im Obergeschoss acht weitere hochwertige Zimmer, die voraussichtlich Ende Januar fertig sind. Auch der Speisesaal wird in diesem Jahr erweitert und ein neuer Seminarraum für etwa 50 Personen entsteht. Mittelfristig möchten wir das Arkadenhaus mit der bfv-Geschäftsstelle verbinden. Vorgesehen ist in diesem Zusammenhang die Geschäftsstelle inklusive einer etwaigen Aufstockung zu sanieren. Ziel muss es sein, den Verband und die Sportschule Schöneck zukunftsfähig zu gestalten.

Quelle: Badischer Fußballverband stm, 12.01.12 Bildnachweise: bfv
 

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