Der Sportkurier im Interview mit Hoffenheims Tobias Weis

Der Sportkurier im Interview mit Hoffenheims Tobias Weis

Der Sportkurier im Interview mit Hoffenheims Tobias Weis

Archiv 1. Bundesliga (Fußball) | erstellt am Mi 06.02.2013

Auf dem aktuell 16. Tabellenplatz kämpfen die Kraichgauer weiter um den Klassenerhalt. Zuletzt konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Mannschaft unter Trainer Marco Kurz enger zusammenrückte und den Ernst der Lage erkannt hat. Einer, der ganz besonders motiviert und engagiert dabei zu Werke geht, ist Mittelfeldspieler Tobias Weis.

Der 27-jährige gebürtige Schwäbisch Haller steht seit Juli 2007 in Hoffenheim unter Vertrag und absolvierte seither 93 Erstligaspiele. „Tobse“, wie er von seinen Mitspielern gerne genannt wird, ist ein Typ, der offen und ehrlich seine Meinung sagt. Im Gespräch mit dem Sportkurier nennt er Gründe, warum die Kraichgauer den Klassenerhalt schaffen und woran es seiner Meinung nach lag, dass der Verein in die missliche Situation kam.

Sport-Kurier: Schafft 1899 Hoffenheim den Klassenerhalt?

Tobias Weis: Ja, ganz sicher.

Was sind die Gründe für Ihren Optimismus?

T. Weis: Wir haben uns in den letzten Wochen und Spielen zu einem anderen Team entwickelt. Die Vorgaben des neuen Trainers Marco Kurz haben wir sehr schnell umgesetzt, was zuvor nicht immer der Fall war. Die vorhandene, hohe Qualität im Kader wurde viel zu selten abgerufen. Dies ist jetzt anders.bwa-foto tobias weis

Der Abstand zum rettenden 15. Platz ist beachtlich.

T. Weis: An den guten Ansätzen der ersten Rückrundenspiele gilt es festzuhalten und Spiel für Spiel noch eine Schippe drauf zu legen. Wenn wir nachhaltig bleiben, bin ich sicher, dass wir da unten wieder herauskommen.

Die Anspannung und der Druck im Abstiegskampf sind ganz besonders groß.

T. Weis: Natürlich gehen wir situationsbedingt nicht mit breiter Brust und großem Selbstvertrauen in die Spiele. Dennoch versuchen wir, uns in die Partien hineinzufressen, positive Signale zu setzen und die Angst vor dem Verlieren auszublenden. Es gilt, Negatives zu verdrängen und durch Erfolge nötiges Selbstvertrauen zu gewinnen.

Kein Bundesligist hat in dieser Saison so eine große Fluktuation im Spielerkader wie die TSG. Wie soll sich da eine Mannschaft einspielen?

T. Weis: Dem stimme ich zu, es gab schon überdurchschnittlich viele Veränderungen. Doch das ist nun mal so und sollte nicht als Ausrede dienen. Die Spieler müssen dies in der jetzigen Lage doppelt so schnell umsetzen als sonst. Es ist schwierig, aber machbar. Wir alle sind taktisch so gut geschult, dass das Zusammenfinden kein halbes Jahr in Anspruch nehmen wird.

Sie sind seit 2007 im Verein. Was hat sich in den fünf Jahren Bundesliga so gravierend geändert, dass jetzt Abstiegsangst herrscht?

T. Weis: Da gibt es viele Gründe. Höhen und Tiefen wechselten sich relativ schnell ab. Die vielen Trainer- und Spielerwechsel waren sicherlich für den gesamten Verein nicht förderlich. Wir müssen jetzt wieder einen gemeinsamen Weg finden und als eine Einheit gestärkt daraus hervorgehen.

Foto: Tobi Weis zeigt sich „Volksnah“ – hier bei einem Fanfest in Oberhof. Dahinter links Tim Wiese und Roberto Firminofanfestoberhof-gruen

Hat Hoffenheim seine Ansprüche in Richtung europäischem Fußball vor dieser Saison nicht zu hoch angesetzt?

T. Weis: Nach außen hin hätte man zurückhaltender agieren und die höher anvisierten Ziele nur intern ansprechen sollen. Hohe Ziele sind grundsätzlich gut, doch in diesem Fall ging der Schuss nach hinten los. Nach dem schwachen Saisonstart wurde dies zunehmend zur Belastung.

Sie scheiterten an sich selbst.

T. Weis: Wir alle hatten das Ziel, uns über den Pokal oder die Liga für den internationalen Fußball zu qualifizieren. Man musste aber relativ schnell feststellen, dass Anspruch und Realität weit voneinander entfernt sind. Die Vorrunde mit zwölf Punkten war desolat.

Fehlt es an der notwenigen Einstellung jedes Einzelnen?

T. Weis: Wir Spieler haben unseren Traumberuf und sind Woche für Woche geil darauf, in der Bundesliga zu spielen. Jeder muss sich zu 100 Prozent hinterfragen, ob er seinen Beruf ernst nimmt und alles dafür tut. Wenn dem so ist, kommt eine gewisse Konstante rein. Zuletzt hat diese aber gefehlt.

Sie gelten als Kämpfertyp, einer, der seine Mitspieler puscht.

T. Weis: Meine Mitspieler haben mir nach der Suspendierung in der Vorrunde Mut zugesprochen und deutlich gemacht, dass ich für das Team wichtig bin und andere mitziehen kann.

Sie forderten zuletzt von Ihren Kollegen verstärkt mehr Sieger-Mentalität.

T. Weis: Das stimmt. Ich persönlich habe bereits einen positiven Trend erkennen können. Jedem ist bewusst, dass es um den Klassenerhalt geht, schließlich möchte keiner in der nächsten Saison in der Zweiten Liga spielen. Jeder Einzelne im Verein ist gefordert, alles zu geben.

1899 Hoffenheim hatte schon immer mit Neid und Missgunst zu kämpfen.

T. Weis: Ich habe das Gefühl, dass  sich viele Fußballfans in Deutschland über unsere Situation freuen. Man bekommt den Eindruck, dass uns niemand etwas gönnt. Der Neid gegenüber Dietmar Hopp spielt da wohl auch eine Rolle. Dies ist ein allgemeiner Negativtrend in unserer Gesellschaft.

Foto 1 + 3 Uwe Grün    Foto 2 BWA

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