Der Sportkurier im Interview mit Hansi Flick, dem Assistenztrainer der Deutschen Nationalmannschaft
Der Sportkurier im Interview mit Hansi Flick, dem Assistenztrainer der Deutschen Nationalmannschaft
Archiv 1. Bundesliga (Fußball) | erstellt am Mi 20.03.2013
Foto oben von links: Hansi Flick, Jogi Löw und Dietmar Hopp.
HANSI FLICK: Es wird schwer für beide, keine Frage. Aber noch ist die Saison nicht zu Ende. Und es wäre falsch, sich jetzt schon abzuschreiben. Für Sandhausen ist der Relegationsplatz nur zwei Punkte entfernt, und selbst Platz 15 ist noch nicht weit weg. In Hoffenheim kann der Klassenerhalt immer noch über die Relegation gelingen. Für die Region und jeden einzelnen Fan wäre es natürlich toll, wenn sowohl Hoffenheim als auch Sandhausen die Liga halten könnten.
Sportkurier: Könnte es sich als Nachteil erweisen, dass beide Vereine wenig Erfahrung im Abstiegskampf haben?
HANSI FLICK: Ich sehe das nicht als entscheidend an. Ich bin sicher, dass die Trainer die richtige Ansprache an die Teams finden werden. In den Kadern beider Mannschaften stehen erfahrene Spieler, die wissen, worauf es jetzt ankommt.
Sportkurier: Von der personellen Qualität ist es überraschend, dass 1899 Hoffenheim im Tabellenkeller steht.
HANSI FLICK: Ja, aber Hoffenheim ist damit auch kein Einzelfall. Es kommt immer mal wieder vor, dass Mannschaften in einer Spielzeit ihre Leistungsgrenze zu selten erreichen und dann Probleme bekommen. Hamburg hat in der vergangenen Saison lange gegen den Abstieg gespielt, im Jahr davor hätte es beinahe den VfL Wolfsburg erwischt. Es kommt jetzt darauf an, dass die Negativspirale durchbrochen wird. Wenn die Mannschaft nach dem Unentschieden gegen Mainz in Schalke nachlegt, kann sich das Blatt auch wieder wenden. Denn sicher ist, dass die TSG gemessen an der individuellen Klasse seiner Spieler, nicht gegen den Abstieg spielen müsste.
Sportkurier: Wäre es besser gewesen, das Saisonziel nicht öffentlich in Richtung internationales Geschäft zu erklären?
HANSI FLICK: Grundsätzlich finde ich es gut, wenn Vereine mutig und ambitioniert sind. Wie man damit in der Öffentlichkeit umgeht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Dortmund dafür kritisiert worden ist, die Ambition auf die Meisterschaft so lange zu leugnen, bis ihnen der Titel auch rechnerisch nicht mehr zu nehmen war. Geschadet hat dies dem BVB nicht. Für Hoffenheim gilt es, den Blick nach vorne zu richten und alle Energie darauf zu verwenden, den Klassenerhalt zu schaffen. Dass man intern immer darüber nachdenkt, was man besser machen kann, ist doch klar. Das wird in Hoffenheim nicht anders sein.
Sportkurier: Die Metropolregion ist bundesweit im Eishockey, Handball und Fußball erstklassig vertreten. Kann man angesichts der Erfolge von einer sportbegeisterten Region sprechen?
HANSI FLICK: Ganz klar. Das erlebe ich auch immer wieder, wenn ich mich mit den Menschen der Region austausche. Ob das bei uns im Sportgeschäft ist oder zu anderen Anlässen. Sport spielt hier eine große Rolle, die Erfolge der Mannschaften sind letztlich ja auch ein Spiegel dessen. In einer Region, die wenig Sportbezug hat, wäre es dauerhaft nicht möglich, so viele Mannschaften in so vielen Sportarten in die höchsten deutschen Ligen zu bringen. Diese Erfolge sind natürlich sehr eng mit dem Namen Dietmar Hopp verbunden. Vor allem imponiert mir, dass er auch jenseits des Scheinwerferlichts an vielen Stellen hilft. Sein Engagement für die Region ist einfach großartig.
Sportkurier: Für die beiden WM-Qualifikationsspiele gegen Kasachstan bietet sich die Möglichkeit neue, junge Spieler zu testen. Wie stark sehen Sie die Nationalmannschaft auf dem Weg zur WM in Brasilien?
HANSI FLICK: Fakt ist, dass wir einen Schritt nach dem anderen gehen wollen. Das heißt, dass wir im Moment voll konzentriert und fokussiert auf die Qualifikation sind. Im Testländerspiel gegen Frankreich hat schon vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben, funktioniert.
Foto: DFB-Team beim Länderspiel gegen Frankreich.
Sportkurier: Als Assistent von Bundestrainer Joachim Löw sind Sie neben der Tätigkeit auf dem Platz auch für die Führung einer Spielerdatenbank verantwortlich. Können Sie dies näher beschreiben?
HANSI FLICK: Zum Glück darf, ja muss ich mich weit mehr einbringen als in das Führen einer Datenbank. Das sind Standards. Aber natürlich beschäftige ich mich auch mit Spiel- und Gegner-Analysen, besuche sehr viele Spiele, auch im Ausland. Ich halte regelmäßig Kontakt zu den Spielern und ihre Trainer, bin im DFB auch das Bindeglied zu den U-Teams. Ich mache mir Gedanken über unsere Spielphilosophie, die Trainingsarbeit, über Taktik, auch über die Ansprache der Mannschaft. Und dies immer in ganz enger Abstimmung mit Jogi Löw und Andreas Köpke. Das letzte Wort und die Entscheidungen liegen natürlich beim Bundestrainer. Gemeinsam mit Oliver Bierhoff sind wir ein tolles Team, das sich auf und neben dem Platz nicht nur perfekt ergänzt, sondern auch total vertraut.
Sportkurier: Was erwarten Sie von der WM in Südamerika? Die Fußball-Begeisterung wird dort, vor allem beim Gastgeber, unheimlich groß sein.
HANSI FLICK: Noch haben wir Brasilien nicht erreicht. Aber es ist doch klar, dass ein WM-Turnier in Brasilien etwa sehr Besonderes ist. Da schlägt das Fußball-Herz eines jeden Fans höher. Gemeinsam mit Oliver Bierhoff, Andy Köpke und einer Delegation des DFB war ich schon Ende des vergangenen Jahres in Südamerika. Wir haben das Land bereist und uns mögliche WM-Quartiere angeschaut, wollten ein erstes Gefühl für das WM-Gastgeberland bekommen. Dabei war die Begeisterung für den Fußball im ganzen Land spürbar. Das Flair der WM in Brasilien wird wunderbar sein.
Zur Person:
Hans-Dieter Flick
Geb. 24.02.1965 in Heidelberg
Position: Mittelfeld
Aktiver Profi:
1985-1990 FC Bayern München
1990-1993 1. FC Köln
1994-2000 FC Bammental
Stationen als Trainer:
1996-2000 FC Bammental
2000-2005 TSG 1899 Hoffenheim
2006 Red Bull Salzburg
seit 2006 Co-Trainer der Nationalmannschaft
Foto 1 Rhein-Neckar Picture Foto 2 BWA Foto 3 Marc Schüler
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