Der Sportkurier im Interview mit 1899-Stürmer Eren Derdiyok
Der Sportkurier im Interview mit 1899-Stürmer Eren Derdiyok
Archiv 1. Bundesliga (Fußball) | erstellt am Do. 24.01.2013
Der gebürtige Baseler und Sohn türkischer Eltern suchte einen Neuanfang und nahm sich vor mehr als elf Saisontreffer zu erzielen. Von diesem Vorhaben ist er jedoch meilenweit entfernt.
Nachdem er in den ersten Pflichtspielen nicht überzeugen konnte, verbannte ihn Ex-Trainer Markus Babbel auf die Ersatzbank. Der neue Coach Marco Kurz zeigte mehr Vertrauen in den Stürmer und ließ ihn zum Rückrundenauftakt in der Startformation auflaufen.
Im Gespräch mit dem Sport-Kurier machte Derdiyok deutlich, dass er es 2013 allen beweisen möchte und er ist heiß auf die Rückrunde ist.
Sportkurier: Auf die TSG wartet eine verdammt schwierige erste Jahreshälfte.
Eren Derdiyok: Ich bin ein Typ, der sich grundsätzlich schwierigen Situationen stellt und Herausforderungen annimmt. Für mich ist dies Charaktersache, Herausforderung und Anreiz zugleich. Wir Spieler haben alle begriffen, um was es sportlich geht. Schlimmer als im letzten halben Jahr kann es eigentlich gar nicht mehr kommen.
Sportkurier: Dennoch sieht es momentan nicht besonders rosig aus.
Eren Derdiyok: Unser Ziel ist, trotz aktuell acht Punkten Rückstand, eine Mannschaft vor uns in der Tabelle noch zu schnappen, um am letzten Spieltag zumindest auf dem rettenden 15. Tabellenplatz zu landen. Das alleine zählt. Dafür müssen wir alles tun.
Sportkurier: Was stimmt Sie dabei so zuversichtlich, dass dies gelingt?
Eren Derdiyok: Zuerst einmal ist da der neue Trainer und die Einstellung der gesamten Mannschaft, die begriffen hat, um was es geht. Die Winterpause, auch wenn sie kurz war, tat uns gut. Wir werden mit frischem Elan in den restlichen Spiele gehen. Der Auftakt gegen Gladbach war, trotz des Unentschiedens ein guter Ansatz.
Sportkurier: Ihren Start in Hoffenheim haben Sie sich sicherlich anders vorgestellt.
Eren Derdiyok: Absolut. Wir hatten eine super neunwöchige, aber auch harte Vorbereitung. Ich persönlich hatte mir dabei sehr viel vorgenommen. Leider kam es dann nicht so, wie gewünscht. Im Fußball gehören Höhen und Tiefen dazu. Wir haben unser Tief hinter uns, jetzt kann es nur noch aufwärts gehen.
Sportkurier: Ihr ehemaliger Trainer Babbel bemängelte an Ihnen fehlende Fitness und Übergewicht.
Eren Derdiyok: Ich hatte nur zwei bis drei Wochen Sommerpause, daher ist es unverständlich, dass ich eine so katastrophale Fitness gehabt haben soll. Ich habe die ersten drei Pflichtspiele von Beginn an gespielt, so schlimm kann es dann also nicht gewesen sein. Es stimmt aber, dass ich zu viel Gewicht hatte. Das habe ich mittlerweile abgebaut. Ich hätte mir dennoch mehr Rückendeckung gewünscht.
Sportkurier: Sie hatten sich mehr Vertrauen gewünscht?
Eren Derdiyok: Die Enttäuschung ist zweifellos vorhanden und auch zu hinterfragen. Mir wurde vom ehemaligen Trainer einiges versprochen,was nicht eingehalten wurde. Ich bin sehr selbstkritisch, doch muss ich sagen, dass die Schuld nicht immer alleine beim Profi liegt. Die Spieler müssen auch geführt, das Potenzial herausgekitzelt werden. Dies wurde offensichtlich nicht geschafft. Wir Profis wissen, was wir können und es ist an der Zeit, zu zeigen, zu was wir als geschlossene Truppe in der Lage sind. Auf dem Spielfeld müssen wir dies jetzt deutlich unter Beweis stellen.
Sportkurier: Ihnen wurden Defizite im Defensivverhalten attestiert.
Eren Derdiyok: Das mag sein. Fakt ist, dass ich in den ersten drei Spielen nicht das aus mir herausgeholt habe, wozu ich in der Lage bin. Und danach habe ich lange Zeit nicht mehr gespielt und kaum Gelegenheit, es besser zu machen.
Sportkurier: Der Trainerwechsel scheint Ihnen entgegen zu kommen.
Eren Derdiyok: Ganz klar. Die Karten werden neu gemischt. Es entstehen neue Herausforderungen, der Konkurrenzkampf beginnt von vorn. Jeder will spielen und gibt alles, um sich zu empfehlen. Das braucht die Mannschaft, ganz besonders in der jetzigen Situation.
Sportkurier: Stürmer werden bekanntlich an ihren Toren gemessen. Mit bislang nur einem Treffer können Sie nicht zufrieden sein.
Eren Derdiyok: Das ist wahr. Doch in der momentanen Situation geht es mir nicht darum, Tore zu schießen, sondern vielmehr, dass wir als Mannschaft wieder Erfolge einfahren. Der Mannschaftsgedanke steht ganz klar über dem jedes Einzelnen.
Sportkurier: Sind Sie sicher, dass allen der Ernst der Lage bewusst ist?
Eren Derdiyok: Es geht jetzt um jedes einzelne Spiel, um jeden Punkt. Wer dies nicht begriffen hat, ist fehl am Platz. Eine gesunde Kommunikation in der Mannschaft muss natürlich vorhanden sein. Gegen Gladbach war dies unübersehbar der Fall. Ich habe gelernt, dass oft weniger Worte, dafür mehr Taten das Richtige sind. Lassen Sie sich überraschen, ich werde auf alle Fälle richtig Vollgas geben.
Foto: 1+3 Rhein-Neckar Picture Foto 2: BWA
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